Hier kommen Sie zum Infosheet “Waldschutzprojekte, Pro und Kontra”.
Sowohl dieses Infosheet als auch weitere Infosheets und Studien stehen Ihnen kostenlos und frei zugänglich zur Verfügung: https://allianz-entwicklung-klima.de/informieren/infosheets_und_leitfaeden/
Der Artikel beinhaltet eine allgemeine Kritik an Waldprojekten im freiwilligen Kompensationsmarkt, die sich aufgrund der Permanenz-Gefahr in einem Risikobereich bewegen könnten. So könnte Abholzung, Stürme oder Brände die dauerhafte Speicherung von CO2 im Waldbestand gefährden. Zudem werten die Journalist:innen insbesondere die Erhebung der Zertifikatemenge kritisch. Im Fokus steht dabei die von der in Washington D.C. ansässigen Organisation Verra etablierten Regelwerke zur Berechnung der durch das Projekt eingesparten Tonnen CO2e. Die Journalist:innen kritisieren, dass mehrere Regelwerke mit verschiedenen Rechenansätzen bestünden und Projektbetreibende frei auswählen würden, nach welchen Regelwerken die mögliche Kompensationsmenge berechnet werden solle. Somit würden Projektregionen überbewertet und mehr Zertifikate pro Tonne zur Verfügung gestellt als tatsächlich eingespart werden könnten, und somit- aus Sicht der Autor:innen – Waldschutzprojekte auf Spekulationen beruhen würden. So sei es nach dem Regelwerk VM0007 ausreichend, dass Waldbesitzer:innen lediglich die Absicht der Rodung kundtäten, um dieses Projektkriterium zu erfüllen. Zusätzlich würden Vergleichsgebiete als Maßstab angewandt, um eine potenzielle Abholzung detaillierter prognostizieren und so eine genauere Einsparmenge berechnen zu können. Offenbar wurden laut Recherche bei einigen Projekten keine äquivalenten Gebiete gewählt. Vielmehr habe Verra sich auf Vergleichsgebiete bezogen, die dem entsprechenden Projektgebiet in relevanten Punkten nicht ähnelten. So wäre dann in der Folge mit mehr Abholzung gerechnet worden und in der Umkehr mit einer höheren Einsparmenge bei dem Schutz des Gebiets. Die Kritikpunkte an der Zertifizierung von REDD+-Projekten durch Verra wird die Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima überprüfen und anschließend eine Stellungnahme dazu veröffentlichen.
Chancen und Herausforderungen
Untersuchungen zeigen, dass Ausgleichsprojekte im Waldbereich, die unter das REDD+-Programm fallen, Chancen und Herausforderungen beinhalten: Die lokale Bevölkerung muss in den Projekten mit ihren Kenntnissen, Bedürfnissen und Vorstellungen mit Beginn der Planungsphase eines Projekts einbezogen werden. So können fragwürdige Vorgehensweisen mit negativen Folgen für das Projekt und die Bevölkerung vermieden werden, von denen verschiedene Recherchen und Analysen zeugen. Denn ein implementiertes Waldprojekt darf den Menschen vor Ort die Lebensgrundlage nicht nehmen und sie nicht aus der Region verdrängen – für ein nachhaltiges Projekt, das Entwicklung und Klimaschutz fördert, eine Bedingung.
Andere Beispiele und Analysen zeigen, wie förderlich Projekte zum Schutz von Wäldern sind. So schaffen Waldschutzprojekte nicht nur Kohlenstoffsenken, sie fördern zugleich die Biodiversität, wirken Landdegradierung entgegen, verbessern die Wasserqualität und bieten durch Agroforstwirtschaft nachhaltige Einkommensquellen für die Menschen vor Ort. Wenn ein REDD+-Projekt nachhaltig aufgesetzt und durchgeführt wird, hat es folglich positive Auswirkungen auf das Klima, die Natur und die Menschen.
Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige Berechnung
Eine solide Berechnungsgrundlage von den eingesparten Emissionen mit realistischen Referenzszenarios (Baselines) ist unverzichtbar, damit nicht mehr Zertifikate ausgegeben werden als das Projekt eigentlich leisten kann. Gleichermaßen muss die langfristige permanente Speicherung von Kohlenstoff in den Bäumen gewährleistet und das Risiko eines Ausstoßes (z. B. durch Brände, Stürme, Rodung oder Schädlingsbefall) fester Bestandteil der Projektplanung sein – bspw. durch die Einrichtung eines „Sicherheitspuffers“ an Zertifikaten, die im Schadensfall aktiviert werden könnten.
Notwendigkeit von Waldschutzgebieten
Waldschutzprojekte erwirken neben dem Schutz des Waldes Co-Benefits, wie zusätzliches Einkommen, den Erhalt der Biodiversität, die Förderung einer nachhaltigen Landnutzung und die Einführung neuer, landwirtschaftlicher Produktionspraktiken, die den Bedarf an Brandrodung verringern und sollten in die Bewertung der Projekte einfließen.
Einordnung der Stiftung
Eine Diskussion als Beitrag zu mehr Transparenz und einer Weiterentwicklung der Regelwerke und des Marktes befürwortet die Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima. Zugleich steht die Weltbevölkerung unter Druck, sich für den weltweiten Klima- und Waldschutz einzusetzen. Daher braucht es mehr Ressourcen zur Bekämpfung des Klimawandels und ein zentraler Bestandteil davon ist die Verlangsamung der Entwaldung. Als Stiftung nehmen wir die Überprüfung von Methodologien für Emissionszertifikate sehr ernst und werden zukünftig weiterhin streng die Validierungsmethoden der Standards verfolgen. Bereits jetzt empfehlen wir unseren Unterstützer:innen einen Abgleich mit unabhängigen Bewertungstools, wie z.B. der Carbon Credit Quality Initiative (CCQI). Um die Ziele der Agenda 2030 zu erreichen und die Erderwärmung bei 1,5 Grad aufzuhalten, braucht es Finanzierung von qualitativ hochwertigen Projekten, die Entwicklung fördern und das Klima schützen.
Die Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima empfiehlt, diese Aspekte in der Gesamtheit zu betrachten und bei der Kaufentscheidung von Emissionszertifikaten einzubeziehen – dies gilt neben Waldprojekten selbstverständlich für alle Projekttypen des freiwilligen Kohlenstoffmarkts.
1] Studie 1 – Thales West (2020): Overstated carbon emission reductions from voluntary REDD+ projetcs in the Brazilian Amazon; Studie 2 – Thales West (2023): Action needed to make carbon offsets from tropical forest conservation work for climate change mitigation; Studie 3 – Alejandro Guizar Coutino (2022): A global evaluation of the effectiveness of voluntary REDD+ projects at reducing deforestation and degradation in the moist tropics</font size>