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Contribution Claim-Modell: Ein neuer Ansatz für unternehmerischen Klimaschutz

Artikel: Dimitrios Karatassios

Vor dem Hintergrund des rasant voranschreitenden Klimawandels und steigender globaler Temperaturen sind immer mehr Unternehmen bestrebt, eigene Klimaschutzziele zu setzen und ihre internen Dekarbonisierungsmaßnahmen durch Unterstützung externer Klimaschutzprojekte zu ergänzen. In diesem Zusammenhang gibt es viele Überlegungen – und ein aufschlussreiches Forschungsvorhaben.

Was ist das Contribution Claim-Modell?

Mit einer ganzheitlichen Klimaschutzstrategie können Organisationen nach der Vermeidung und Reduktion ihrer Emissionen nicht vermeidbare Rest-Emissionen freiwillig ausgleichen. Während der klassische Ansatz der Kompensation oftmals mit einem Klimaneutralitäts-Claim auf eine ausgeglichene Emissionsbilanz und damit die Erreichung der eigenen „Klimaneutralität“ fokussiert ist, ist das Contribution Claim-Modell eine Alternative, bei der der Beitrag zur Umsetzung des globalen Netto-Null-Ziels im Vordergrund steht.

Konkret bedeutet das, dass Organisationen verbleibende, nicht vermeidbare Rest-Emissionen zum Beispiel durch einen internen Preis beziffern und entsprechende finanzielle Mittel in Projekte im globalen Süden investieren können. Dies können Einsparprojekte sein, aber auch Maßnahmen zur Advocacy und Umweltbildung o.ä. Die Emissionseinsparungen werden nicht an die eigene Bilanz (Tonne zu Tonne) angerechnet.

Olive montiert Bauteile des Safe80 in Kigali, Ruanda.

Doch was macht dieses Modell so besonders? Hier sind die wichtigsten Alleinstellungsmerkmale:

Erhöhte Rechtssicherheit und Transparenz: Im Gegensatz zur CO2-Kompensation sieht das Modell keine Verrechnung von Emissionen vor. Es sind keine Aussagen zum Begriff „Klimaneutralität“ möglich. Hierdurch werden Aussagen zum Klimaengagement in der Selbstdarstellung gestärkt und Organisationen die klare Kommunikation erleichtert.

Reputationsgewinn: Die Anwendung des Modells stärkt das Profil der Beteiligten als verantwortungsvoll agierende Organisationen, denn sie tragen zum Erreichen des globalen Netto-Null-Ziels bei und bringen die Umsetzung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und des Übereinkommens von Paris effektiv voran.

Glaubwürdigkeit und Vergleichbarkeit: Die Finanzierung von Klimaschutz außerhalb der Wertschöpfungskette kann interne Bemühungen nicht ersetzen, sondern es wird eine komplementäre und ambitionssteigernde Wirkung erzielt.

Harmonisierung von Verursacherprinzip und Zahlungsfähigkeit: Die Höhe des CO2-Preises zur Ermittlung des Budgets für die Finanzierung externer Klimaschutzmaßnahmen wird individuell bestimmt und transparent kommuniziert. Branchenspezifische Rahmenbedingungen können so berücksichtigt werden, während zugleich dem Verursacherprinzip Rechnung getragen wird.

Qualitativ hochwertige Klimaschutzmaßnahmen: Es erfolgt keine Verrechnung von Emissionen im Sinne des Ausgleichs. Ein Preisdruck auf die Zertifikate wird nicht generiert. Die im Rahmen des Modells zu unterstützenden externen Klimaschutzmaßnahmen erfüllen vielfältige Anforderungen, die eine hohe Qualität sicherstellen.

Breites Spektrum an Klimaschutzmaßnahmen: Neben Projekten mit direkter Klimaschutzwirkung können auch Maßnahmen gefördert werden, die nicht unmittelbar zu messbaren CO2-Reduktionen oder -entnahmen führen. So kann das Spektrum an potenziellen Klimaschutzbemühungen erweitert und die Förderung von breit angelegten, transformativen Maßnahmen ermöglicht werden, die nachhaltige Entwicklung unterstützen.

Die Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima setzte dazu ein Forschungsvorhaben um, das darauf abzielte, das Contribution Claim-Modell als alternativen Weg zur Klimaneutralität zu entwickeln und weiter auszubauen. In einem 2022 gestarteten mehrstufigen Prozess mit diversen Stakeholdern entwickelte das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie im Auftrag der Stiftung ein entsprechendes Konzeptpapier sowie einen Leitfaden.

Der Vertrieb des energieeffizienten Kochers (Safe80) vor Ort. Zusätzlich zu Safe80 werden Wonderboxen ausgegeben, in denen eine Mahlzeit nachgaren kann.

Erste Projektphase: Gemeinsame Basis und Grundprinzipien

Um zunächst ein gemeinsames Verständnis eines Contribution Claim-Ansatzes zu schaffen, wurde in der ersten Phase des Projekts in sogenannten Living Labs –das sind interaktive und auf Austausch ausgelegte Workshops –ein „Co-Creation-Ansatz“ verfolgt, in denen Akteur:innen aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik zusammen Grundprinzipien für das Modell erarbeiteten. Diese Phase führte zur Erstellung eines Konzeptpapiers, das zehn grundlegende Prinzipien des Contribution Claim beinhaltet.

Zweite Projektphase: Weiterentwicklung und Leitfaden

In der im September 2024 abgeschlossenen zweiten Phase wurde der Fokus auf die Anwendbarkeit des Modells gelegt und ein Leitfaden entwickelt, der Unternehmen bei der Implementierung des Contribution Claim unterstützt und es in die Klimastrategien von Unternehmen integrierbar macht. Die Einbindung qualitativ hochwertiger Klimaschutzprojekte, insbesondere in Ländern des globalen Südens, ist dabei ein zentrales Element, um gleichzeitig zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele beizutragen.

Unternehmen können so eine transparente und wirkungsvolle Alternative zur klassischen CO₂-Kompensation nutzen sowie Entwicklungswirkungen und den globalen Klimaschutz fördern, indem finanzielle Mittel gezielt in nachhaltige Projekte investiert werden.

Beteiligung verschiedener Stakeholder als große Stärke

Das Projekt integrierte erfolgreich die vielfältigen Perspektiven aller am Prozess Beteiligten. In einer Reihe von digitalen und persönlichen Treffen erhielten Vertreter:innen aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik reichlich Raum, um ihre Ansichten einzubringen. Diese intensiven Diskussionen führten zu einem wertvollen Austausch von Wissen und förderten das gegenseitige Lernen. Dadurch konnte das Modell kontinuierlich weiterentwickelt und schließlich in einem öffentlich zugänglichen Leitfaden erfolgreich festgehalten werden.

Ist Ihr Interesse geweckt?

Den detaillierten Leitfaden und das Konzeptpapier gibt es hier zum Download.

Credits: Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima

Der Klimawandel mit seinen umfassenden Auswirkungen in ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht wird als eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewertet. Kein Bereich des gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Lebens wird davon in den nächsten Jahrzehnten unberührt bleiben. Und dies erfordert globale Anstrengungen.

Text:
 Dr. Olivia Henke

Die Erhaltung der Artenvielfalt, im Fachjargon Biodiversität, ist die größte ökologische Herausforderung der Menschheit und sie ist sehr eng mit dem Klimaschutz verbunden. Der bekannte Wissenschaftsjournalist und Moderator Dirk Steffens klärt seit vielen Jahren öffentlichkeitswirksam darüber auf – seit Januar 2024 auch in seiner Funktion als Botschafter der Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima.

Text:
 Rainer Kunst, Tom Corrinth

Wie lassen sich Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Unternehmen angehen und ausbauen? Zwei Beispiele aus der Praxis. Klimaschutz und eine nachhaltige Entwicklung sind keine Selbstläufer. Dass sich auch die Wirtschaft für den Erhalt unserer Erde als einen bewohnbaren Planeten stark machen sollte, haben viele Unternehmen verstanden.

Text:
 Dr. Elena Winter