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„Ohne Artenvielfalt kann kein einziger Mensch auf diesem Planeten leben“

Artikel: Rainer Kunst, Tom Corrinth

Die Erhaltung der Artenvielfalt, im Fachjargon Biodiversität, ist die größte ökologische Herausforderung der Menschheit und sie ist sehr eng mit dem Klimaschutz verbunden. Der bekannte Wissenschaftsjournalist und Moderator Dirk Steffens klärt seit vielen Jahren öffentlichkeitswirksam darüber auf – seit Januar 2024 auch in seiner Funktion als Botschafter der Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima. Im Interview spricht er über den Zusammenhang von Biodiversität und Klima, den Einfluss der Nahrungsmittelindustrie dabei und seine Mission als Stiftungs-Botschafter sowie Gründer einer eigenen Biodiversity Foundation.

Welche Entwicklung in puncto Biodiversität kann man beobachten in den letzten Jahren?

Aktuell verlieren wir auf unserem Planeten schätzungsweise 150 Arten pro Tag, das ist das größte Artensterben seit Verschwinden der Dinosaurier. Und wenn dieses Artensterben nicht gestoppt wird, dann werden auch wir aussterben. Warum? Weil wir atmen, essen und trinken müssen. Der Sauerstoff entsteht durch die Photosynthese von Pflanzen an Land und vor allem im Meer. Ohne diese vielen Lebewesen können wir also nicht atmen. Die Erde besteht zudem aus einem Großteil organischen Materials und nur darin können Pflanzen als unsere Nahrungsgrundlage überhaupt wachsen. In einer einzigen Handvoll Muttererde zum Beispiel sind mehr Mikroorganismen als Menschen auf der Erde leben. Wenn diese Vielfalt der Arten in der Erde also abnimmt, dann haben wir irgendwann nichts mehr zu essen und verhungern. Bei Wasser ist das ganz ähnlich: Auch da sind vor allem Mikroorganismen dafür verantwortlich, dass aus schmutzigem Wasser wieder Trinkwasser wird. Also ganz simpel gesagt: Ohne Artenvielfalt kann kein einziger Mensch auf diesem Planeten leben. Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird dieses Szenario immer wahrscheinlicher.

Welche Entwicklung in puncto Biodiversität kann man beobachten in den letzten Jahren?

Aktuell verlieren wir auf unserem Planeten schätzungsweise 150 Arten pro Tag, das ist das größte Artensterben seit Verschwinden der Dinosaurier. Und wenn dieses Artensterben nicht gestoppt wird, dann werden auch wir aussterben. Warum? Weil wir atmen, essen und trinken müssen. Der Sauerstoff entsteht durch die Photosynthese von Pflanzen an Land und vor allem im Meer. Ohne diese vielen Lebewesen können wir also nicht atmen. Die Erde besteht zudem aus einem Großteil organischen Materials und nur darin können Pflanzen als unsere Nahrungsgrundlage überhaupt wachsen. In einer einzigen Handvoll Muttererde zum Beispiel sind mehr Mikroorganismen als Menschen auf der Erde leben. Wenn diese Vielfalt der Arten in der Erde also abnimmt, dann haben wir irgendwann nichts mehr zu essen und verhungern. Bei Wasser ist das ganz ähnlich: Auch da sind vor allem Mikroorganismen dafür verantwortlich, dass aus schmutzigem Wasser wieder Trinkwasser wird. Also ganz simpel gesagt: Ohne Artenvielfalt kann kein einziger Mensch auf diesem Planeten leben. Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird dieses Szenario immer wahrscheinlicher.

Für seine Dokumentationen und Reportagen ist der Wissenschaftsjournalist Dirk Steffens auch in den entlegensten Gebieten der Erde unterwegs.

Warum ist Biodiversität auch für das Klima wichtig?

Da gibt es teils kuriose Zusammenhänge, die in der Öffentlichkeit meist gar nicht so bekannt sind. Ein gutes Beispiel ist die sogenannte biologische Walpumpe. Wale – wie auch viele andere Tiere – fressen in der Tiefe des Ozeans, scheiden ihren Kot aber nah an der Meeresoberfläche aus, weil dort der Druck geringer und das Koten somit angenehmer ist. Dadurch werden Nährstoffe aus der Tiefe nach oben gebracht. Dort oben sind sie willkommene Nahrung für viele kleine Algen, das sogenannte Plankton, das sich auf diese Weise explosionsartig vermehren kann. Und dieses Plankton betreibt Photosynthese, also zieht Treibhausgase aus der Atmosphäre heraus, genau wie Bäume das tun. Irgendwann sterben diese Algen und sinken mit dem gebundenen Kohlenstoff auf den Meeresgrund und verbleiben dort im Kreislauf. Wenn man sich dann noch vor Augen führt, dass ein einziger Wal so viel CO2 in sich trägt wie tausende große Bäume in einem Jahr binden, wird noch klarer, warum der Schutz von Walen gleichbedeutend mit Klimaschutz ist. Deshalb ist es für unsere Stiftungsarbeit auch wichtig, neben bekannten Klimaschutz-Methoden wie das Anpflanzen von Bäumen auch solche unkonventionellen Methoden und Zusammenhänge, wie ich sie gerade geschildert habe, bekannter zu machen.

Neben dem öffentlichkeitswirksamen Platzieren neuer Themen zum Klimaschutz, welche wichtigen Aufgaben hast Du als Botschafter der Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima noch?

Eine weitere Aufgabe ist es zu erklären, welche Kompensationsmaßnahmen beim Klimaschutz Sinn machen und welche nicht. Das ist wichtig, weil Glaubwürdigkeit die Grundlage dieses Stiftungsgeschäfts ist, wir sind da so etwas wie ein seriöses Biosiegel. Eine weitere wichtige Aufgabe ist, dass wir noch mehr Menschen mit ins Boot holen. In einer Bürgergesellschaft wie Deutschland können bzw. müssen wir nicht warten, bis der Staat all unsere Probleme löst. Wenn immer mehr Menschen, ob privat, ob in Unternehmen, Vereinen oder Institutionen, sich mit engagieren und etwas tun, dann haben wir eine wirklich realistische Chance, das Klimaproblem in den Griff zu bekommen. Damit das passiert, muss man laut darüber reden, wie das gehen kann. Und als Stiftungsbotschafter ist genau das mein Job.

„Jede Mahlzeit bei mir zu Hause ist eine Sitzung der Vereinten Nationen.“

Du bist nicht nur Botschafter der Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima, sondern hast unter anderem auch die Biodiversity Foundation mitgegründet. Was genau macht Ihr in dieser Stiftung?

Die Biodiversity Foundation versucht, das Thema Biodiversität bekannter zu machen. Wir reden immer alle über den Klimaschutz und ein bisschen stellt sich auch das Gefühl ein, wenn wir die Klimakrise in den Griff kriegen, ist alles wieder gut. Das ist aber nicht wahr. Die Wahrheit ist, dass wir vor einem großen gesamtökologischen Problem auf dem Planeten Erde stehen. Die Klimakrise ist ein großer, wichtiger Baustein dieser Krise. Aber sie ist eben auch verzahnt mit anderen großen Krisen wie die der Biodiversität. Über diesen Zusammenhang haben wir ja eben gesprochen. Artenvielfalt steht sozusagen an der Spitze der ökologischen Pyramide. Wenn Artenvielfalt gewährleistet ist, dann ist auch sehr viel gewonnen für den Klimaschutz. Und das versuchen wir zu erklären an Schulen, in den Medien, mit Büchern, Filmen, Podcasts auf jede erdenkliche Art, damit möglichst viele Menschen möglichst kompetent mitreden können.

Mit “Eat it!” hast Du ein Buch mitverfasst, das aufzeigt, wie man die Menschheit ernähren und gleichzeitig auch den Planeten retten kann. Wie hängen die Nahrungsmittelindustrie, Biodiversität und Klima zusammen?

Die Art und Weise, wie wir Nahrungsmittel produzieren, hat den größten ökologischen Impact von allen menschlichen Aktivitäten. In Deutschland zum Beispiel ist über die Hälfte der Fläche in der Hand von Landwirtinnen und Landwirten. Die Frage ist also: Wie können die ihre Nahrungsmittelproduktion so aufstellen, dass Artenvielfalt und Klimaschutz möglich sind? Und da gibt es schon viele tolle bereitstehende Lösungen oder zumindest Lösungsideen, die mich ganz sicher machen, dass wir all diese Probleme lösen können. Wir sind nur noch viel zu zögerlich in der Anwendung. Die Methoden, wie wir das erreichen können, sind vielfältig. Eine Rolle dabei spielen zum Beispiel die Größe der Landtechnikmaschinen, der Einsatz von Chemikalien oder das Thema Monokulturen. Es geht übrigens nicht darum, aus der gesamten Landwirtschaft eine Ökolandwirtschaft zu machen. Das ist gar nicht notwendig und vielleicht auch nicht zielführend. Vielmehr müssen wir das Gesamtniveau der Landwirtschaft so heben, dass wir in einer idealen Welt gar keine Biosiegel brauchen.

Ganz viele Nahrungsmittel hierzulande kommen ja auch aus anderen Ländern. Welche Rolle spielt dabei die Entwicklungszusammenarbeit?

Jede Mahlzeit bei mir zu Hause ist eine Sitzung der Vereinten Nationen. Meine Avocado kommt aus Mexiko, meine Mango von den Philippinen, das Steak aus Argentinien, der Pfeffer aus Indonesien und so weiter. Über das Essen bei mir zu Hause bin ich also jeden Tag mit der Natur und den Vorgängen auf der ganzen Welt verbunden. Die Lebensmittel, die ich hier zu mir nehme, oder auch das Futter für die Schweine, die angeblich regional bei mir im Stall nebenan stehen, aber mit Soja aus Brasilien gefüttert werden, verbinden mich damit. Und das heißt? Wir exportieren klimaschädlichen Flächenverbrauch ins Ausland, damit wir so leben können, wie wir leben wollen. Wir könnten in der deutschen Fläche diesen Lebensstandard ja gar nicht aufrechterhalten. Daraus entsteht eine Verantwortung. Und deshalb ist dieses Hineinwirken über die Entwicklungshilfe in die internationale Nahrungsmittelproduktion unabdingbar. Wir müssen international vernetzt denken.

Lieber Dirk, herzlichen Dank für das spannende Gespräch!

Was ist Biodiversität?

Biodiversität wird umgangssprachlich mit dem Begriff Artenvielfalt beschrieben. Sie lässt sich in drei Ebenen unterteilen:

  • die Vielfalt der Arten, die sich auf der Welt zählen lassen (Tiere, Pflanzen, Pilze etc.)
  • die Vielfalt der Gene innerhalb der Arten
  • die Vielfalt der Lebensräume für diese Organismen

Die Ebene der Lebensräume bildet die Basis für die beiden anderen Ebenen: Es braucht natürliche Lebensräume, damit sich Arten entwickeln können. Für die Menschheit gilt es, die beiden Ebenen der Lebensräume und der Artenvielfalt zu bewahren, denn nur dann entsteht genetische Vielfalt.

Dirk Steffens zu Gast im Podcast Grad Global:

Wie beeinflusst unser Essverhalten das Klima?

Credits: Sabine und Dirk Steffens

Der Klimawandel mit seinen umfassenden Auswirkungen in ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht wird als eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewertet. Kein Bereich des gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Lebens wird davon in den nächsten Jahrzehnten unberührt bleiben. Und dies erfordert globale Anstrengungen.

Text:
 Dr. Olivia Henke

Wie lassen sich Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Unternehmen angehen und ausbauen? Zwei Beispiele aus der Praxis. Klimaschutz und eine nachhaltige Entwicklung sind keine Selbstläufer. Dass sich auch die Wirtschaft für den Erhalt unserer Erde als einen bewohnbaren Planeten stark machen sollte, haben viele Unternehmen verstanden.

Text:
 Dr. Elena Winter

Christine Muhongerwa setzt auf Partnerschaften und Co-Benefits. Die Geschäftsführerin von SaferRwanda leitet Projekte zum Klimaschutz, die mit der Bekämpfung von Armut und der Förderung von Frauen und Mädchen verbunden sind. Sie gibt Einblicke in ihre Arbeit und die Lebenswirklichkeit in Ruanda. Christine Muhongerwa beschreibt sich als eine engagierte Person. Ihr Lachen ist ansteckend.

Text:
 Lisa Maria Kunst