Am 19. Februar 2025 nahm ich am Präsenz-Workshop „Treibhausgas-Bilanzierung entlang der Wertschöpfungskette unter Scope 3 des Greenhouse Gas Protocols“ der Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima in Berlin teil. Auf Einladung der Stiftung führten Expert:innen von adelphi consult in die wesentlichen Aspekte der Bilanzierung ein und gaben hilfreiche praktische Hinweise. Gemeinsam mit den Teilnehmenden aus dem Kreis der Unterstützer:innen tauchte ich in die Herausforderungen und Chancen der Bilanzierung ein. Äußerst wertvoll war der Austausch untereinander über Erfahrungen und das Vorgehen im Einzelnen, da verschiedene Sektoren, Branchen und Unternehmensgrößen vertreten waren.
Bedeutung der Scope 3-Emissionen für Unternehmen
Insbesondere für den Mittelstand und für KMUs ist es zuweilen herausfordernd, die Treibhausgasemissionen entlang ihrer Wertschöpfungskette – die sogenannten Scope 3-Emissionen – in ausreichender Qualität zu berechnen und zu berichten. Je nach Branche können sich diese Emissionen stark unterscheiden und deren Quantifizierung kann durch mangelnde Verfügbarkeit von Daten und Zeitressourcen zu methodischen Herausforderungen führen. Dabei machen die Emissionen entlang der Wertschöpfungskette im Durchschnitt 78 Prozent der Gesamtemissionen einer Organisation aus, die sich zur Bilanzierung an die Vorgaben des „Greenhouse Gas Protocols“ halten.

Bereits in der Vorstellungsrunde zeigte sich deutlich, dass die Komplexität der Bilanzierung je nach Sektor, Branche, Anzahl der Standorte und Unternehmensgröße variiert. Produzierende Gewerbe müssen mitunter weit mehr Daten für die Berechnung erheben als Dienstleistungsanbieter. Alle eint die Notwendigkeit, eine Bilanzierung durchzuführen, um der Berichterstattung im Bereich Nachhaltigkeit unter der neuen EU-Richtlinie im Rahmen der sogenannten Corporate Social Responsibility Directive (CSRD) gerecht zu werden.
Grundlagen der Scope 3-Bilanzierung: Einführung durch Expert:innen
Nach einer Einordnung zu Hintergrund und Relevanz der Scope 3-Bilanzierung führte uns Denis Machnik, Senior Manager und Co-Lead Climate Policy bei der adelphi consult GmbH, in die Grundlagen ein. Die Kategorie der Scope3-Emissionen umfasst 15 Unterkategorien. Diese sind nicht für alle Unternehmen relevant. Deshalb beschäftigten wir uns im nächsten Teil des Workshops mit der Wesentlichkeitsanalyse. Was gehört zum Kerngeschäft und wo fallen am meisten Emissionen an? Denis Machnik bewies seine Expertise in der Bestimmung der wesentlichen Emissionskategorien und beantwortete unterschiedliche Fragen der Teilnehmenden.
Datenerhebung: Methoden, Herausforderungen und Best Practices
Ganz besonders beschäftigte uns die Datenerhebung: Welche Daten sind bereits im Unternehmen verfügbar und welche Daten müssen für die Bilanzierung erhoben werden? Im Gespräch waren hier beispielsweise Daten zum Pendelverhalten der Mitarbeitenden und wie diese Daten zu erheben sind. In einer praktischen Übung besprachen wir eine Umfrage, die uns als Vorlage diente, und diskutierten Anpassungsvorschläge, um die Umfrage noch genauer hinsichtlich der benötigten Daten anzupassen, ohne die Kolleg:innen mit zusätzlichen Fragen zu überfrachten. Erfahrungsgemäß sind nämlich die Rückläufe bei unternehmensweiten Umfragen oft nur bei zehn oder 20 Prozent. In der Diskussion unter den Teilnehmenden wurde die jährliche Umfrage zur Zufriedenheit der Mitarbeitenden als geeignetes Instrument für die Abfrage des Pendelverhaltens identifiziert. In der Stiftung nutzen wir eine Excel-basierte Abfrage, die unter anderem mobiles Arbeiten, Büropräsenz, Wegstrecken und Dienstreisen sowie Verkehrsmittel erfasst.
Nutzung von Emissionsfaktoren: Quellen und Aktualität
Eine andere Herausforderung bilden Emissionsfaktoren, die für die Unternehmensbilanzierung benötigt werden. Öffentliche Datenbanken und gebührenpflichtige Angebote wurden ebenso besprochen wie die Frage nach Aktualität der Faktoren als auch die Häufigkeit der Anpassung der Faktoren. Die plausible Darstellung der ausgewählten Emissionsfaktoren und ihrer Quellen ist hierbei zentral.

Anschließend diskutierten wir die Ergebnisse mithilfe eines weiteren Praxisbeispiels und ordneten sie in die Klimaschutzstrategie und die Reduktionsziele des Unternehmens ein. Die Chance, die sich mit der Treibhausgasbilanzierung entlang der Lieferkette ergibt, liegt in der Identifikation von „hot spots“, also emissionsintensiven Punkten. Unternehmensintern und gemeinsam mit den Lieferant:innen können die Ergebnisse diskutiert und Möglichkeiten zur Emissionsreduktion bestimmt werden. So können unternehmerische Klimaziele kurz-, mittel- und langfristig erreicht werden. Die jährliche Bilanzierung unterstützt dabei, erfolgreiche Maßnahmen zu identifizieren und den Überblick zu behalten.




Wissensmanagement: Die Bedeutung eines Methodikhandbuchs

Außerdem lohnt es sich, ein Methodikhandbuch anzufertigen – etwas, das ich auch in der Stiftung umsetzen möchte. Durch ein Methodikhandbuch geht das Wissen, das man sich im Rahmen des Prozesses rund um die Wesentlichkeitsanalyse, der Datenerhebung- und plausibilisierung sowie der Interpretation aneignet, nicht verloren, selbst wenn ein Personalwechsel ansteht. Unser Experte Denis Machnik verwies an dieser Stelle auf vorbildliche Beispiele von Unternehmen, die ihr Methodikhandbuch veröffentlichten und an denen man sich orientieren kann.
Fazit: Mehrwert der Scope 3-Bilanzierung für Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit
Insgesamt bietet die Bilanzierung von Scope-3-Emissionen Unternehmen zahlreiche Chancen, die nicht nur auf ökologischer, sondern auch auf ökonomischer Ebene bedeutend sind. Sie verbessert die Wettbewerbsfähigkeit und weckt das Interesse von Kund:innen, die Wert auf Nachhaltigkeit legen. Die Bilanzierung der Scope 3-Emissionen deckt oft ineffiziente Prozesse und ressourcenintensive Aktivitäten auf, die anschließend durch Optimierungen verbessert werden können. Die Betrachtung von Scope 3-Emissionen hilft auch dabei, mögliche Risiken in der Lieferkette zu erkennen, wie zum Beispiel Lieferengpässe aufgrund von regulatorischen Änderungen. Nicht zuletzt blicken Investor:innen und Banken auf die nachhaltige Ausrichtung von Unternehmen, die oft besser aufgestellt sind, um Förderungen und Finanzierungen zu erhalten.
Der von unseren Unterstützer:innen sehr geschätzte Workshop zur Bilanzierung der Emissionen unter Scope 3 entlang der Wertschöpfungskette war wieder ein voller Erfolg! Gemeinsam mit Expert:innen der adelphi consult GmbH wurde er zum zweiten Mal angeboten. Das lebendige und praxisnahe Format vermittelte die Relevanz, Methodik und Praxistipps für Unternehmen, die im Themenfeld noch neu sind oder ihr Vorgehen überprüfen möchten. Auch in der Stiftung führen wir eine Treibhausgasbilanzierung durch und ermitteln hierbei Emissionen unter Scope 3. Der Workshop bot für mich Anlass, unsere Herangehensweise zu prüfen und Erfahrungen zu teilen.
Mithilfe zahlreicher Übungen und des Austauschs in der Gruppe war es ein sehr lebendiges Format, das mir sehr gut gefallen hat. Ich freue mich auf das nächste Mal, gemeinsam mit unseren Unterstützer:innen der Allianz für Entwicklung und Klima zu lernen und zu diskutieren!
Alle Veranstaltungen in Präsenz und online finden Sie auf unserer Webseite unter https://allianz-entwicklung-klima.de/veranstaltungen/