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FAQ „Waldschutzprojekte” veröffentlicht

03.03.2023. In diesem FAQ beantwortet die Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima häufig gestellte Fragen zum Thema „Waldschutzprojekte”.
Das FAQ steht Ihnen hier zum Download zur Verfügung.

 

Frage 1: Was sind Waldschutzprojekte und warum sind sie wichtig?

Antwort: Waldschutzprojekte sollen bestehende Wälder vor einer drohenden Abholzung schützen. Sie sind von Bedeutung, da Wälder u. a. wichtige Biodiversitätshotspots sind und zu den wesentlichen Kohlenstoffsenken im Kampf gegen die Klimakrise gehören. Insbesondere bereits ausgewachsene Bäume speichern eine große Menge an CO2. Durch Entwaldung wird die gespeicherte Menge wieder freigesetzt, gelangt in die Atmosphäre und trägt zur globalen Erwärmung bei.

Laut den Vereinten Nationen wurden zwischen 1990 und 2020 etwa 420 Mio. Hektar Wald gerodet. Das entspricht einer Fläche, die größer ist als die Europäische Union. Auch wenn die weltweite Entwaldungsrate in den letzten Jahren etwas abgenommen hat, ist sie nach wie vor sehr hoch. Dies gilt insbesondere für die tropischen Wälder um den Äquator.

Waldschutzprojekte schaffen für die dortigen lokalen Gemeinden Anreize, die Waldflächen als wichtige Kohlenstoffsenken stehen zu lassen und durch sie bestehende Einkommensquellen (z. B. landwirtschaftliche Erzeugnisse) aufrecht zu erhalten oder neue Möglichkeiten der Einkommensschaffung (z. B. Ökotourismus) und Nahrungsmittelproduktion (z. B. alternative Ladnutzungsformen) zu erschließen.

 

Frage 2: Was sind weitere relevante Aspekte bzw. sog. „Co-Benefits“, die neben der reinen Klimawirkung von Wäldern zu beachten sind und in eine Bewertung der Projekte einfließen sollten?

Antwort: Wälder können neben ihrer Klimawirkung – der Aufnahme und Speicherung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre – eine Vielzahl an weiteren positiven Entwicklungswirkungen erzielen, u. a.:

  • Schutz der Biodiversität
  • Verbesserung der Luft- und Wasserqualität
  • Stärkung einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion
  • Schaffung von Arbeitsplätzen und Einkommensmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung

Somit schaffen Waldschutzprojekte nicht nur Kohlenstoffsenken, sie fördern zugleich die Biodiversität, wirken Landdegradierung entgegen, verbessern die Wasserqualität und bieten durch Agroforstwirtschaft nachhaltige Einkommensquellen für die Menschen vor Ort.

Es gilt, diese und weitere Aspekte bei einer ganzheitlichen Bewertung von Waldschutzprojekten mit zu berücksichtigen.

 

Frage 3: Worin besteht der Unterschied zwischen Waldschutz- und Aufforstungsprojekten?

Antwort: Im Gegensatz zu Waldschutzprojekten, in denen die Abholzung bestehender Bäume verhindert werden soll, werden bei der Aufforstung neue Bäume gepflanzt, damit sie als zukünftige Kohlenstoffsenken fungieren. Dabei wird in der Praxis u. a. zwischen Maßnahmen unterschieden, mit denen einerseits ein bislang nicht bewaldetes Areal komplett neu aufgeforstet wird oder andererseits eine Wiederherstellung von ehemals bewaldeten Flächen stattfindet.

Sowohl Waldschutz als auch Aufforstung zählen zu den sog. „naturbasierten Lösungen“ zur Bekämpfung des Klimawandels (Nature-based Solutions). Für die kurz- und langfristige Stabilisierung der Erderwärmung sind beide Typen relevant.

 

Frage 4: Wie funktionieren Waldschutzprojekte im freiwilligen Kohlenstoffmarkt?

Antwort: Über den freiwilligen Kohlenstoffmarkt (engl.: Voluntary Carbon Market, VCM) besteht für Unternehmen, Organisationen, Privatpersonen etc. die Möglichkeit, durch den Kauf und die Stilllegung von Emissionszertifikaten ihre Treibhausgas-Emissionen auszugleichen.

Damit auch Waldschutz hierüber finanziert wird bzw. Zertifikate ausgestellt werden können, muss definiert werden, in welcher Höhe CO2-Emissionen nicht in die Atmosphäre gelangen (Vermeidung von Emissionen), wenn der Wald geschützt wird. Dazu wird ein Baseline-Szenario erstellt (siehe Frage 5). Zudem müssen weitere Kriterien für hochwertige Projekte im VCM garantiert werden, insbesondere die Zusätzlichkeit, Permanenz und eine Vermeidung von „Carbon Leakage“. Es ist außerdem von entscheidender Bedeutung, dass die Projektaktivitäten unter Einbeziehung der lokalen Bevölkerung geplant und durchgeführt werden (siehe Frage 6).

 

Frage 5: Was sind „Baselines“ im Waldschutz?

Antwort: Eine sog. „Baseline“ beschreibt bei Klimaschutzprojekten das hypothetische Emissionsszenario und die prognostizierten Veränderungen im Kohlenstoffbestand, die ohne die Wirkungen des vorgeschlagenen Projekts eintreten würden – in diesem Fall eine mögliche Entwaldung. Das Potenzial zur Emissionsminderung ergibt sich aus der Differenz der beiden Szenarien. Um eine Baseline-Berechnung durchzuführen, wird das Projektgebiet häufig mit einem Kontrollgebiet verglichen, das ähnliche Charakteristika aufweist, um besser abzuschätzen, in welcher Höhe Entwaldung in den folgenden Jahren eintreten könnte. Dies muss adäquat zum Projektgebiet gewählt werden, da es sonst zu einer fälschlichen Baseline kommen kann.

Die Zertifizierungsprogramme des freiwilligen Kohlenstoffmarkts haben dazu verschiedene Methodiken entwickelt. Grundsätzlich lassen sich dabei unterschiedliche Herangehensweisen zur Szenarien-Bildung nennen: historisch (rückblickend), linear, für die Region, in der das Projekt liegt oder der Durchschnitt für vergleichbare Regionen.

Durch ungenaue Berechnungen der Baselines kann insbesondere bei Waldschutzprojekten die Gefahr bestehen, dass zu viele Emissionszertifikate ausgegeben werden und diese damit keine zusätzliche Einsparung oder Speicherung von Emissionen widerspiegeln. Diese Schätzungen können ein Risiko für eine Überbewertung der Baseline darstellen, sind in der Praxis jedoch nicht vollumfänglich vermeidbar. Insgesamt sollten daher eher konservative Annahmen getroffen werden, damit die Integrität der Emissionszertifikate gesichert ist. Die Standards des freiwilligen Markts arbeiten daher laufend an verbesserten Methodologien, um diese Gefahr zu minimieren.

 

Frage 6: Welche Risiken sind bei der Bewertung von Waldschutzprojekten und den daraus verkauften Zertifikaten im freiwilligen Kohlenstoffmarkt zu beachten?

Antwort: Neben der Gefahr einer zu ungenauen Bestimmung der Baseline, durch die mehr Zertifikate ausgegeben und gehandelt werden könnten, als der Wald mit seiner Speicherleistung tatsächlich bietet, können bei Waldschutzprojekten außerdem folgende Risiken auftreten:

  • Permanenz: Durch einen Brand oder illegale Rodung könnte auch ein geschütztes Waldgebiet zerstört werden. In diesem Fall würde das gespeicherte CO2 wieder in die Atmosphäre gelangen.
  • Zusätzlichkeit: Der Schutz des Waldes könnte nicht zusätzlich geschehen und hätte auch ohne die Investitionen aus dem Verkauf der Emissionszertifikate stattgefunden.
  • Carbon Leakage: Es könnte zu einer Verlagerung von CO2-Emissionen von einer geographischen Region in eine andere als Folge der Projektaktivitäten kommen – d. h. neben einem geschützten Waldgebiet könnte stattdessen ein anderes Gebiet abgeholzt werden, weil es z. B. weiterhin als landwirtschaftliche Anbaufläche benötigt würde.
  • Menschenrechte: Die Landnutzungsrechte von lokalen Gemeinden und der indigenen Bevölkerung könnten missachtet und verletzt werden, was zu Konflikten führen und damit den nachhaltigen Erhalt des Waldschutzprojekts selbst gefährden könnte.

Daher ist darauf zu achten, dass die Projektentwickler:innen Vorkehrungen zur Minimierung dieser Risiken ergreifen, z. B. ist ein angemessener „Sicherheitspuffer“ als Absicherung für Waldschäden einzuberechnen.

 

Frage 7: Eignen sich Waldschutzprojekte zur Kompensation eigener Treibhausgas-Emissionen, z. B. zur Erreichung der eigenen „Klimaneutralität“?

Antwort: Die Vermeidung von Treibhausgas-Emissionen durch den Schutz von Wäldern lässt sich nur schwer in exakten Tonnen Kohlenstoff-Äquivalenten (CO2e) messen. Wälder und ihre zahlreichen Baumarten sind individuell und es existieren diverse Risiken einer ungenauen Berechnung von möglichen CO2e-Speichermengen. Häufig muss mit Schätzungen, Durchschnittswerten und hypothetischen Szenarien gearbeitet werden (siehe Frage 5).

Das Ziel der „Klimaneutralität“ beansprucht jedoch die exakte Aufrechnung der gemessenen ausgestoßenen Treibhausgase mit der Menge der vermiedenen oder eingespeicherten Treibhausgase (z. B. eines Unternehmens). Dies ist mit Waldschutzprojekten in der notwendigen Genauigkeit sehr schwierig und folglich nicht immer mit der Erreichung von eigener „Klimaneutralität“ kompatibel.

Bei Waldschutz handelt es sich um wichtige Klimaschutzmaßnahmen, die Treibhausgas-Emissionen vermeiden, und – anders als bei Aufforstung – keine Emissionen aktiv aus der Atmosphäre binden und dauerhaft speichern.

 

Frage 8: Sind Waldschutz-Maßnahmen im Zuge von alternativen Finanzierungsbeiträgen zum Klimaschutz (sog. „Contribution Claims“ oder „Impact Claims“) als Projekttypen geeignet?

Antwort: Ja, Waldschutzprojekte eignen sich aufgrund ihrer Charakteristika sehr gut als Projekte, die mit einem „Contribution Claim“-Modell gefördert werden könnten. Sie befähigen durch ihre Funktion zur Aufnahme und Speicherung von Kohlenstoff die Gastländer dazu, ihre nationalen Klimaziele zu erreichen und gleichzeitig weitere Entwicklungswirkungen im Sinne der Sustainable Development Goals (SDGs) zu generieren und zu stärken (siehe Frage 2).

 

 

Weiterführende Literatur:

 

 

 

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